Vogel des Jahres 2022 der Wiedehopf

Der Wiedehopf – wieder Brutvogel im Landkreis Esslingen

Wolf und Luchs tauchen immer wieder in Baden-Württemberg auf und zeigen publikumswirksam, dass die Natur, sofern man sie denn gewähren lässt, eine große Dynamik hat. Leider  verschwinden in unserer dicht besiedelten Landschaft immer mehr Arten, aber einige sind offensichtlich in der Lage , auch wieder zurück zu kommen. Hierzu gehört der Wiedehopf. Die Rückkehr dieser beeindruckenden Vogelart als Brutvogel in den Landkreis Esslingen im Bereich des Biosphärengebiets ist eine kleine vogelkundliche Sensation.

 

In den 1950er Jahren war der Wiedehopf regelmäßiger Brutvogel im damaligen Landkreis Nürtingen. Auch in den 1960er Jahren brüteten allein in der Gegend um Kirchheim/Teck noch 15 Paare. Über das danach einsetzende Verschwinden dieser Art ist wenig bekannt. Spätestens im Laufe der 1970er Jahren verschwand der Wiedehopf als Brutvogel im Landkreis Esslingen komplett. In den Folgejahren wurden nur noch einzelne Vögel während der Zugzeit gesichtet.

 

In Baden-Württemberg brütete der Wiedehopf ab den 1990er Jahren regelmäßig nur noch am Kaiserstuhl und im Freiburger Raum, in allen anderen Landesteilen nicht mehr.

 

Der Wiedehopf lebt in offenen Landschaften mit einem mehr oder weniger lockeren Baumbestand. Bilden nicht zu intensiv genutzte Weiden den Unterwuchs sind die Lebensgrundlagen für  die Vogelart gut. Deshalb befanden sich die ehemaligen Brutplätze im Landkreis Esslingen hauptsächlich in Streuobstwiesen, die diesen Anforderungen entsprechen.  

 

Im den Jahren 2015 und 2016 wurde im Rahmen des Förderprogramms des Biosphärengebiets Schwäbische Alb ein Wiederansiedlungsprojekt für den Wiedehopf im Landkreis Esslingen durchgeführt. Projektträger war der NABU Neuffen-Beuren in Kooperation mit dem Landratsamt Esslingen sowie weiteren Naturschutz-, Obst- und Gartenbauvereinen. Auf Grund der Erfahrungen im Freiburger Raum mit erfolgreichen Wiederansiedlungsmaßnahmen wurden in Streuobst- und Weinbaugebieten im Biosphärengebiet Nistkästen für den Wiedehopf angebracht. Da nach wie vor durchziehende Vögel gesichtet werden besteht die Hoffnung, dass dadurch eine Wiederbesiedlung als Brutvogel begünstigt werden kann. Die Nistkästen bieten  günstige klimatische Bedingungen für eine Brut und Schutz vor Feinden.

 

Im Jahr 2016 wurde in Kohlberg am Jusi wochenlang ein Wiedehopf beobachtet; die vermutete Brut konnte allerdings nicht bestätigt werden.  Anders im Jahr 2017! Auf einer Streuobstwiese im Landkreis Esslingen mit Lage im Biosphärengebiet brütete nach weit über 40 Jahren Abwesenheit wieder ein Paar und brachte die Jungvögel erfolgreich zum Ausfliegen. Als Nistplatz wurde ein alter Apfelbaum gewählt. Hier fühlten sich die Wiedehopfe wohl – umgeben von vielen verschiedenen Obstbaumarten aller Altersklassen, unterschiedlich stark genutzten Wiesen und der Beweidung durch eine kleine Schafherde in der Nähe. Kurzum eine extensiv genutzte Landschaft war ausschlaggebend für die erste erfolgreiche Wiederbesiedlung. Auch ein zweites Paar Wiedehopfe wurde im Juni 2017 im Landkreis Esslingen gesichtet,  allerdings konnte hier kein Brutnachweis erbracht werden.

 

Ob dies eine einmalige Besiedlung war, oder ob sich dieser attraktive  Vogel wieder in unserem Lebensraum dauerhaft behaupten kann, wird die Zukunft zeigen. Entscheidend  wird ein ausreichendes Nahrungsangebot in extensiv genutzten Streuobst- oder Weinberggebieten sein.  

 

Da der Wiedehopf auch in Weinbergen geeigneten Lebensraum finden kann ist es sehr erfreulich, dass  die Weingärtnergenossenschaft Hohenneuffen-Teck in diesem Jahr  ein Naturschutzkonzept für die Neuffener Weinberge mit finanzieller Unterstützung durch das Förderprogramm des Biosphärengebiets erarbeiten lässt. 

 

Die Kommunen des Albvorlands, die  am Biosphärengebiet und am Schwäbischen Streuobstparadies beteiligt sind, haben die einmalige Chance durch die umfassende Verbesserung der Lebensbedingungen den Wiedehopf wieder dauerhaft anzusiedeln. Dies wäre ein unschätzbarer Nutzen nicht nur für die Natur, sondern auch den „sanften Tourismus.“ 

 

Hintergrundinformationen:

 

Informationen zum Förderprojekt „Wiederansiedlung des Wiedehopfs“ unter http://biosphaerengebiet-alb.de/index.php/lebensraum-biosphaerengebiet/foerderung-projekte/foerderung-projekte/526-wiederansiedlung-des-wiedehopfs-2015


Bergkronwicken Widderchen, eine Besonderheit am Albtrauf

 

Das Bergkronwicken-Widderchen ist auf der Roten Liste in Baden-Württemberg als gefährdet und in Deutschland als stark gefährdet eingestuft, rund um Neuffen findet man sie noch in den Buchenwäldern des Albtraufs.

 

Das Weibchen legt seine gelben Eier nebeneinander auf die Ober oder Unterseite der Blätter der Bergkronwicke, die einzige Futterpflanze der Raupen. Diese leben dann auf den Pflanzen und überwintern gemeinschaftlich. Sie verpuppen sich erst im Folgejahr in einem weißen Kokon, der direkt auf der Erde liegt. Der Schmetterling erscheint wieder im Juli zur Blütezeit ihrer Nahrungspflanze, der Bergkronwicke. Dabei befliegt er auch die Blüten des Dosts (wilder Majoran).

Der Bestand des Bergkron - Widderchen ist stark rückläufig, weil dieser Spezialist für seine Raupen ausschließlich auf die Futterpflanze "Bergkronwicke" angewiesen ist, die kalkhaltige Böden, im lichten Wald, oder auf Waldrandflächen benötigt. Diese fand die Art in vergangenen Zeiten vornehmlich in Waldbereichen, die durch Schnee- oder Windbruch Freiflächen hatten, ihren Lebensraum.

Die Geschäftsstelle des Biosphärengebiets hat 2017 ein Maßnahmenkonzept zu Lichtwaldarten am Albtrauf im Bereich des Landkreises Esslingen beauftragt. . Auf dieser Grundlage wurde mit den zuständigen Behörden ein Maßnahmenkatalog erstellt, der neben vielen anderen Tier- und Pflanzenarten auch dem Widderchen das Überleben sichern soll. Im Rahmen des Artenschutzprogramms und auch im Auftrag der Geschäftsstelle des Biosphärengebietes wurde begonnen, die Maßnahmenempfehlungen umzusetzen.

 

Als NABU Neuffen Beuren ist es uns ein Anliegen, dass dieses Konzept für das Widderchen am Neuffener Albtrauf 2020/2021 umgesetzt wird, bevor es zu spät ist.

Foto NABU B. Etspüler
Foto NABU B. Etspüler
Foto NABU B.E. Bergkronenwidderchen
Foto NABU B.E. Bergkronenwidderchen
Foto NABU B. Etspüler
Foto NABU B. Etspüler

Der NABU Kreisverband Esslingen e.V. schließt aus organisatorischen Gründen seine Geschäftsstelle zum 31.01.2022. Der Verein wird ab 01.02.2022 ehrenamlich weitergeführt.